Jeannie - Unser Sorgenkind

Etwa 3 Wochen nach der Idee uns Ratten zuzulegen war es soweit. An einem Samstag Nachmittag fuhren wir zu der Familie, bei der wir uns damals die Rattenbabys angesehen hatten. Die Kleinen waren immer noch frech und quirlig, aber auch recht scheu, wie ihre Mutter. Unerfahren wie wir nun mal waren, schenkten wir diesem Phänomen keine große Beachtung. Sofern wir eins der Babys erwischten, wurde es ausführlich von uns gestreichelt. Dabei fanden wir eine Ratte bemerkenswert, da sie scheinbar mit den Zähnen knirschte, als wir sie kraulten. Wie hielten das für ein gutes Zeichen und nahmen sie und Nikita mit.

Schon auf der Heimfahrt wurden wir aber skeptisch. Das "Zähneklappern" nahm gar kein Ende und die Kleine zitterte ganz komisch. Na ja, wir dachten sie sei nervös von der Autofahrt und warteten erst mal ab. Daheim angekommen setzten wir die beiden in den komfortabel eingerichteten Käfig und beobachteten sie fasziniert, wie sie sofort alle Ecken erkundeten, Futter- und Wassernapf testeten und sich ein bisschen balgten.

Da Jeannie aber immer noch klapperte und zitterte und scheinbar auch sehr schnell und ruckartig schnaufte machten wir uns doch Sorgen und schickten eine Anfrage an die Newsgroup: news://de.rec.tiere.ratten/. Aber durch unsere Beschreibung des "Klappern" verursachten wir  viele Missverständnisse, denn alle sagten - verständlicherweise - dass Zähneklappern eben nichts besorgniserregendes sei.

Als aber am nächsten Tag keine Besserung zu bemerken war und die Kleine immer apathischer in der Ecke saß, entschlossen wir uns am Nachmittag doch einen Tierarzt aufzusuchen. Im Branchenverzeichnis fanden wir einen, der auch am Wochenende Notdienst macht und vereinbarten einen Termin. Dann kam der große Schock für uns, die Kleine litt an einer schweren Lungenentzündung. Das "Klappern" kam nicht von den Zähnen, sondern aus der Lunge, und wird im Fachjargon oft als "Knarren" oder "Knacken" bezeichnet. Das Zittern war kein wirkliches Zittern sondern eine extrem schnelle Atmung, da sie kaum Luft bekam. - Der Leidensweg begann...

Jeannie wurde mit einer Antibiotika-Spritze behandelt, welche schon am nächsten Morgen eine Verbesserung bringen sollte.  Meine Freundin nahm sich Urlaub um am Montag bei der Kleinen bleiben zu können. Leider ging es ihr weiterhin sehr schlecht. Sie fraß nicht mehr und wir mussten sie mit Babybrei füttern, den sie scheinbar auch nicht mochte. So fuhren wir am Montag gleich wieder zum Tierarzt. Diesmal aber zu einem, der uns aus der Newsgroup empfohlen worden war. Dort wurde die Kleine erst mal gewogen (50g - Ihre Schwester im Vergleich brachte immerhin schon 100g auf die Waage) und bekam erneut eine Spritze. Außerdem gab man uns etwas Antibiotikum mit, mit dem wir unsere arme Jeannie jeden Abend Zwangsfüttern mussten.

Am Dienstag blieb dann ich zuhause, und es schien ihr besser zu gehen. Das "Klappern" wurde langsamer und die Atmung leichter. Fressen wollte oder konnte die Kleine aber weiterhin nichts. Bis zu unserem nächsten Arzttermin am Freitag beobachteten wir Jeannie genau und pflegten und streichelten sie soviel es ging. Wir quartierten Sie im Bad ein, wo es warm war. Hohe Luftfeuchtigkeit sollte dafür sorgen, dass sich der Schleim löst.

Freitag ging es ihr wieder schlechter. Sie quietschte mit jedem Atemzug und schnappte nach Luft. Der Tierarzt machte sich nun schon viel mehr Sorgen und gab der Kleinen wieder Antibiotika. Noch am gleichen Abend hörten das Quietschen und die Schnappatmung wieder auf. In dieser Nacht atmete sie zum ersten mal ohne Geräusche, was uns natürlich unheimlich freute.

Leider zu früh, denn am Samstag morgen ging es wieder los. Ganz panisch fuhren wir wieder zum Tierarzt, der erneut Antibiotika, etwas zur Stabilisierung des Kreislaufs und etwas "Nahrung" in den Nacken spritzte. Leider erfolglos. Zwei Stunden später, am 15.05.1999 um 14:03 Uhr machte Jeannie, in den Händen meiner Freundin, ihren letzten Atemzug. Sie hatte einen tapferen Kampf gegen die Krankheit geführt, doch leider verloren. Nicht einmal sechs Wochen durfte sie leben. Sie war zu jung, zu klein und zu schwach um durchhalten zu können.

Jeannie, wir werden Dich nicht vergessen!

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